Selbstentzündung von Abfällen, die beim Aluminium polieren entstehen
Neue Polierpasten-Generation reduziert Risiko um 90 %
Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick
• Beim Aluminium polieren entstehende Abfälle neigen zur Selbstentzündung
• Alu-Schleifabfälle erhöhen das Selbstentzündungspotential
• Risiko der Selbstentzündung kann mit Additiv in der Polierpaste um 90 % gesenkt werden
• Sicherer Umgang mit Polierabfall muss als Teil der zielführenden Gefahrenabwendung in einem betrieblichen Schutzmaßnahmenkonzept verankert sein
• Polierabfall sollte vor der Trocken-Entsorgung für 24 h im Nassabscheider verbleiben
• Keine Durchmischung von Polierabfällen mit und ohne Additiv
Situation in Aluminium-Polierbetrieben
Wenn Betriebe Aluminium schleifen und polieren, entsteht gefährlicher Abfall. Dieser besteht zum einen aus Baumwollfasern des Polierrings sowie aus Aluminium-Partikeln. Zum anderen aus Fetten und Ölen aus den Polieremulsionen, Poliermineralien und Wasser. Der Schleif- und Polierstaub wird in der Regel über Nassabscheider abgesaugt. Danach wird er in offenen Containern außerhalb des Gebäudes gelagert. Dabei kommt es immer wieder zu Bränden. Entweder im Container, auf dem Entsorgungs-Lkw oder direkt in der Produktionshalle. Die genauen Ursachen hierfür waren bisher unklar. Bei betrieblichen Gefährdungsanalysen wird dieses Gefahrenpotential bisher zu wenig berücksichtigt.
Ursache der Selbstentzündung: hochreaktive Aluminium-Partikel
Was versteht man unter der Selbstentzündung von Polierabfällen beim Aluminium Polieren? Unter Selbstentzündung versteht man die Fähigkeit eines Stoffes, sich durch chemische Reaktion selbständig stetig zu erwärmen und schliesslich zu entzünden. Der Mechanismus der Selbstentzündung läuft wie folgt ab: Das Poliermittel besteht aus Wasser, Tonerde und der Bindung (Öle, Fette, Wachse). Durch das Aluminium Schleifen und Polieren wird es mit weiteren Stoffen angereichert. Und zwar mit feinen, nicht oxidierten Aluminiumpartikeln und Baumwollfasern. Durch den enthaltenden Metallstaub hat der Abfall ein hohes chemisches Reaktionspotential. Denn er kann mit Luftsauerstoff unter Eigenerwärmung reagieren.
Große Reaktionsfläche und hohe Verbrennungswärme
Die kleinen und reaktiven Aluminiumpartikel bieten eine große Reaktionsfläche für die Reaktionspartner. Zu diesen gehören z. B. Fette, Wasser oder Luftsauerstoff. In ungesättigten Ölen und Fetten steckt zusätzlich hohes energetisches Potential. Die Verbrennungswärme von Aluminium ist mit 31 kJ/g sehr hoch. Deutlich höher als die von Braunkohle (19 kJ/g) und Papier (15 kJ/g). Zusätzlich wirken die Baumwollfaserreste des Polierrings thermisch sehr gut isolierend. Somit kann sich die Reaktionswärme im Polierabfall aufstauen. Chemische Reaktionen laufen dadurch schneller ab. Dies führt zu einer Kettenreaktion, die in einem Brand enden kann. Ein großes Risiko für Betriebe, die Aluminium polieren.
ARC-Verfahren weist Eigenerwärmung des Aluminium-Polierabfalls nach
Das ARC-Verfahren (Accelerated Rate Calorimetry Verfahren) ist ein thermisches Analyseverfahren. Es kann die Eigenerwärmung von Aluminium-Polierabfall nachweisen. Hierzu wird eine getrocknete Probe Polierabfall in eine Metallbombe gefüllt. In einer Wärmekammer wird die Probe kontinuierlich erwärmt. Dabei wird regelmäßig die Temperatur des Polierabfalls in der Bombe gemessen. Es wird abgeglichen, ob diese der Temperatur in der Wärmekammer entspricht. Ist die Temperatur des Polierabfalls höher, wird die Probentemperatur nachgeregelt. Das Reaktionspotential des Polierabfalls kann grafisch dargestellt werden. Je flacher der Kurvenverlauf, desto weniger neigt er zur Eigenerwärmung und zur Selbstentzündung.
Additiv in Polierpaste reduziert Selbstentzündungsrisiko um 90 %
Die chemischen Abläufe und Wirkmechanismen innerhalb des Aluminium-Polierabfalls sind also entschlüsselt. Dadurch lassen sich Maßnahmen entwickeln, die der Eigenerwärmung des Polierabfalls entgegenwirken. Der Einbau eines Additivs in die Polierpasten-Rezeptur hat keinen negativen Einfluss. Weder auf die Polierleistung noch auf das Polierergebnis. Denn es entfaltet seine positive Wirkung erst innerhalb des Polierabfalls. Das Additiv fängt die Reaktivkomponenten des Gemischs im Nassabscheider ab. Es kann keinen Wärmestau und auch keine selbständige Erwärmung des Abfalls mehr geben. Die Wahrscheinlichkeit der Selbstentzündung wird um 90 % reduziert. Denn das Additiv greift direkt in den Wirkmechanismus der Aluminium-Partikel im Polierabfall ein. Das Aluminium reagiert vollständig und nachhaltig ab. Deshalb kann keine Energie mehr zur Selbstentzündung beitragen.
Rahmenbedingungen für die Wirkung des Additivs
Um die Additiv-Wirkung zu gewährleisten, müssen beim Aluminium Polieren nachstehende Rahmenbedingungen erfüllt sein. Der Polierabfall sollte 24 Stunden im Nassabscheider verbleiben. Erst danach kann der Abfall sicher trocken entsorgt werden. Längere Verweilzeiten verbessern die Wirkung des Additivs. Kürzere Zeiten reduzieren die Wirkung. Bei ca. 10 ºC höherer Reaktionstemperatur (Wassertemperatur im Nassabscheider) verdoppelt sich die Reaktivierungsgeschwindigkeit. Die Wirksamkeit des Additivs bei Magnesium- oder Zinklegierungen wurde noch nicht untersucht. In einem Polierbetrieb darf dem Nassabscheider nur sortenreiner Abfall zugeführt werden. Polierabfälle mit und ohne Additiv sollten nicht durchmischt werden. Sonst schwächt sich die Wirkung ab.
Vorteile für Industrieunternehmen, die Aluminium polieren
Das Risiko eines Brandes wird deutlich verringert. Kosten für unnötige Feuerwehreinsätze sind passé. Der richtige Umgang mit Polierabfällen ist Bestandteil eines effektiven Schutzmaßnahmenkonzeptes zur Gefahrenabwendung. Die Entsorgung des Abfalls über Entsorgungsbetriebe wird erheblich sicherer. Durch Trocken- statt Nassentsorgung des Abfalls können Abfallentsorgungskosten deutlich gesenkt werden.
Feldtests bei Großverbrauchern sollen Additiv-Wirkung bestätigen
Nun sollen die Technikumsversuche bestätigt werden. Mitte 2017 werden Feldversuche mit Additiv-angereicherten Polierpasten gefahren. Sie werden auf isoliert laufenden Polieranlagen von Großbetrieben, die Aluminium polieren, getestet. Hier fallen große Mengen von Aluminium Schleif- und Polierabfällen an. Es werden anschließend Polierabfallproben gezogen. Diese werden mit herkömmlichen Abfällen ohne Additiv im ARC-Verfahren verglichen. So kann die Wirkung des Additivs eindeutig nachgewiesen werden. Das Polishing Mag hält Sie auf dem Laufenden.